CIM-Kolumne: Hat die Messewirtschaft ein Nachhaltigkeitsproblem?

Montag, 05.08.2024
Unser Kolumnist David Friedrich-Schmidt geht in jeder CIM-Ausgabe mit einem oder einer Branchenver­treterIn in die Arena und diskutiert ein heißes Eisen. Diesmal geht es um den ökologischen Fußabdruck von Messen.
Foto: iStockphoto/jotily

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Ob bei der IMEX oder auf medizinischen Kongressen, Messe- und Ausstellungsstände sind ein GAU für die nachhaltige Ausrichtung von Veranstaltungen. So denkt zumindest unser Kolumnist David Friedrich-Schmidt und stellt ein Dilemma fest. Gibt es Alternativen?

David Friedrich-Schmidt: „Die Bemühungen, Veranstaltungen nachhaltig zu organisieren, sind überall sichtbar und es sind nicht mehr nur bloße Absichtserklärungen. Eine neue Ernsthaftigkeit hat sich breitgemacht. Gut so, endlich ist das Thema im Fokus. Genau dort gehört es auch hin. Wir bieten auf unseren Kongressen seit 2022 ein ausschließlich vegetarisches bzw. veganes Catering an. Diese Police gilt für alle gleichermaßen, ob Teilnehmende, Crew oder Aussteller.

Wir propagieren die Anreise mit der Bahn, übernehmen für Referierende keine Kosten mehr, wenn sie innerhalb Deutschlands mit dem Flugzeug oder einem Verbrenner-Auto reisen. Senkt den veranstaltungsverursachten CO₂-Ausstoß um beachtliche 80 Prozent! Zusätzlich haben wir Maßnahmen ergriffen, um den Energieverbrauch zu minimieren, indem wir energieeffiziente Beleuchtung und Geräte verwenden. Auch Mülltrennung und Recyclingstationen sind bei unseren Veranstaltungen selbstverständlich. Wir setzen uns aktiv für die Reduktion von Einwegplastik ein und ermutigen unsere Partner, umweltfreundliche Materialien zu verwenden. Durch diese umfassenden Strategien möchten wir sicherstellen, dass unsere Veranstaltungen nicht nur inspirierend, sondern auch nachhaltig sind.

Jetzt kommt das große Aber: Unsere Aussteller bauen große Stände, um ihre Produkte und Innovationen aus Pharma und Medizintechnik zu präsentieren. Es ist ein Dilemma für den hohen Anspruch, Veranstaltungen nachhaltig zu organisieren. Viele Bestandteile der Stände werden nur einmal genutzt, nur für dieses eine Event produziert und landen danach im Müll.

Für mich ist das bei jedem unserer Kongresse wieder und wieder ein Dilemma und trübt unsere engagierten Bemühungen. Gibt es Lösungen? Der Nachhaltigkeits-Experte der Veranstaltungsbranche Clemens Arnold weiß Rat.“


Dieser Beitrag ist erschienen in der CIM-Ausgabe 3/2024.
Sie finden diesen auch online in unserem E-Paper.


Clemens Arnold: „Ja, es ist in der Praxis möglich, Messeauftritte nachhaltig zu realisieren. Das haben wir im Rahmen des Projektes „Kreislauffähiger Messestand“ mit einem Aussteller auf der IMEX 2024 gezeigt. Ziel ist es, über drei Jahre hinweg (2023 bis 2026) den Messestand kreislaufwirtschaftsfähig zu gestalten.

Mithilfe einer Stoffstrombilanz konnte das Projektteam bereits für 2024 aufzeigen, dass 99 Prozent der eingesetzten Materialen wieder in den Kreislauf zurückgeführt werden können und nur ein Abfallanteil von einem Prozent entstanden ist. Das Vorgehen folgt dem Ansatz „von vorne gedacht“, heißt, die verwendeten Standmaterialien werden nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft ausgewählt und nach der Messe in vorher schon definierte Stoffkreisläufe zugeführt.

Diese Veränderungen im Messebau erfordern kein radikales Umdenken, sondern pragmatische Ansätze und kreative Lösungen. Damit lassen sich sowohl die CO₂-Emissionen als auch kostenseitig die Messebudgets erheblich reduzieren. Messestände können somit ressourcenschonend und dennoch beein­druckend gestaltet werden. Nachhaltigkeit bei Messeauftritten ist nicht nur möglich, sondern realisierbar und zukunftsweisend.“