Dürfen Kongresse schick sein?

Mittwoch, 02.10.2019

Kongresse galten lange Zeit als reine Wissensvermittlungs-Zusammenkünfte. Gestalterisch ist das Elend groß. Der Wind dreht sich nun, zum Glück.

Gangteppich? Geht gar nicht. Wissen Sie, wann ich in die nicht vorhandene Tischkanten beißen könnte? Wenn zum Beispiel bei einer Fachausstellung der Teppich nicht bis an die Standkanten verlegt ist. Die Meinung, dass der Gangteppich allemal ausreiche, macht den unattraktiven Hallenboden sichtbar. Noch schlimmer: Hinweisschilder oder Roll-ups in der Location, zwei Meter hoch, mit der wichtigsten Info jedoch im unteren Abschnitt. Unsere Augen fixieren – klar – auf Augenhöhe, doch davor stehen andere Teilnehmer.

Auch in Vortragsräumen wird allzugern nur mit Gangteppichen gearbeitet. Häufig zu beobachten auch: Kongressplakate, auf die Frontseite des Rednerpults geklebt. „Hübsch“ sind auch die meist schwer les­baren Namensschilder auf Pult oder Präsidiumstisch – es ist ja wirklich „schwierig“ per Projektion zu lösen. Ganz schrecklich: lieblose Catering-Bereiche, zu wenig Sitzplätze, fehlende Ruhezonen. Ich könnte von weiteren Zumutungen berichten. Vielleicht mache ich mal ein Bilderbuch zur Illustration.

Spaß beiseite: Wir, als Veranstalter, sind Gastgeber für viele Tausend Menschen, die in wenigen Tagen ein beachtliches Pensum bewältigen müssen. Dazu sind Kongresse, neben Plattformen der Wissensvermittlung, hauptsächlich Netzwerktreffen. Was am Ende bleibt: eine Emotion, verbunden mit einem lieblosen Bild. Es ist unsere Pflicht, dass sich unsere Gäste wohlfühlen. Meine Empfehlung: Budgetieren Sie mehr für die Gestaltung und Ausschilderung – für das Ausarbeiten der Details. Überzeugen Sie Ihre Auftrag- und Gastgeber. Es lohnt sich! Klar, die Maßnahmen müssen Kodex-konform sein und kosten Geld.

Umso wichtiger: dass Fachgesellschaften weiterhin mit Kongressen Geld verdienen dürfen. Es gibt Stimmen, die anderer Meinung sind. Dann hätten wir wieder nur Gangteppiche.

David Friedrich-Schmidt