Ernstfall. Zumindest formal feststellbar ist jedoch bereits jetzt, wer für die Sicherheit der Veranstaltung verantwortlich war. Wie bei fast allen Events sind die Regelungen Ländersache: Hier ist die nordrhein-westfälische Sonderbauverordnung die Rechtsgrundlage. Der Betreiber, in diesem Falle also der Loveparade-Veranstalter, ist „für die Sicherheit der Veranstaltung und die Einhaltung der Vorschriften“ verantwortlich. Der Betreiber ist es, der die Zusammenarbeit zwischen privaten Ordnern und der Polizei, der Feuerwehr und dem Rettungsdienst gewährleisten muss. Die Süddeutsche Zeitung (Quelle: sueddeutsche.de) schreibt dazu in ihrer Onlineausgabe vom 28.07.: „Die Verordnung legt […] eine klare Hierarchie der Verantwortlichkeiten fest: Sie liegt in erster Linie bei dem Privatmann, der die Veranstaltung organisiert […]. Veranstalter war in Duisburg die Berliner Gesellschaft Lopavent GmbH; deren einziger Gesellschafter ist Rainer Schaller, […] Betreiber der Fitnessstudiokette McFit. Der Lopavent GmbH oblag es, ein Sicherheitskonzept aufzustellen und einen Ordnungsdienst einzurichten.“ Das Sicherheitskonzept sei „im Einvernehmen“ mit den für Sicherheit und Ordnung zuständigen Behörden aufzustellen, das seien in diesem Falle insbesondere die Stadt Duisburg, die Polizei und die Feuerwehr. Einvernehmen bedeute, dass die Sicherheitsbehörden, und damit auch die Stadt Duisburg, eine Art Vetorecht besäßen. Allerdings sei dies im Fall der Duisburger Loveparade kein starrer Prozess, sondern es sei zwischen Stadt und der Firma Lopavent kräftig gefeilscht worden, beispielsweise um die Länge der Fluchtwege. Weiter berichtet sueddeutsche.de: „Da die Loveparade vom Oberbürgermeister politisch gewünscht war, mussten Beamte offenbar auch einige ihrer Bedenken zurückziehen. Auch hochrangige Polizeibeamte hatten sich aus Sorge um die Sicherheit vehement gegen die Veranstaltung ausgesprochen. Damit steht nun die Frage im Mittelpunkt, ob die Stadt die Loveparade überhaupt hätte genehmigen dürfen. Ist die Veranstaltung aber genehmigt, dann liegt die Verantwortung für die Sicherheit erst einmal wieder beim Veranstalter. Sein privater Ordnungsdienst muss laut der Sonderbauverordnung zum Beispiel die Ein- und Ausgänge kontrollieren, ebenso die Einhaltung der maximal zulässigen Besucherzahl.“
Seit die Neufassung der Versammlungsstättenverordnung in mittlerweile 13 deutschen Bundesländern gilt, ist ein Sicherheitskonzept auch für alle Messe- und Kongress-Zentren obligatorisch, die mehr als 5.000 Besucher fassen. Ein Sicherheitskonzept erweitert die bis dato üblichen Alarm- und Gefahrenabwehrpläne sowie Notfallschutzhandbücher um einen entscheidenden Punkt: eine vor dem Event durchgeführte Gefährdungsbeurteilung und entsprechend darauf abgestimmte Einsatzstärken des Sicherheits-, Brandschutz- und Sanitätspersonals. „Jetzt müssen Sie Transparenz in den Zuständigkeiten erzeugen und die Abläufe wie in einem Drehbuch festhalten“, erklärt Rechtsanwalt Löhr. „Wer noch kein Sicherheitskonzept aufgestellt hat, kommt jetzt unter Zugzwang. Manche Behörden werden gerade wach“, so Löhr weiter. Das liegt auch am behördlichen Ermessensspielraum bei Versammlungsstätten mit Kapazitäten unterhalb von 5.000 Besuchern. Ein Sicherheitskonzept brauchen diese nur, „wenn es die Art der Veranstaltung erfordert“ – dehnbare Begriffe, die in den Verordnungen wie ein Gummiparagraf wirken. Zum anderen überprüfen die Behörden die Einhaltung der Betriebsvorschriften auch in größeren Zentren in Intervallen von drei Jahren. Viele Versammlungsstätten kommen nach der um 2007 und 2008 in Kraft getretenen Verordnung erst jetzt an die Reihe. Ein wenig wohlmeinender Beamter könne durchaus die Auflage stellen, Mängel innerhalb von vier Wochen zu beheben mit der Androhung, andernfalls die Betriebserlaubnis vorläufig zu entziehen – in der Kürze der Zeit ist das aber kaum machbar. „Es empfiehlt sich also, dieses Thema proaktiv und ohne vorherige Aufforderung durch die Behörden anzugehen“, rät Volker Löhr und deutet an: „Zu einem nicht unerheblichen Teil“ sind die Konzepte sogar in großen Kongresszentren „noch im Aufbau.“
