Die Idee von Zuckerberg ist so simpel wie weitreichend: Das Metaverse soll als 3D-Internet die Zukunft neu definieren. Mithilfe von Avataren werde die Technologie virtueller Interaktion in spektakuläre Dimensionen gehoben. Dass dies funktioniert, glauben die meisten Investoren allerdings nicht: Seit Monaten verliert der Meta-Konzern massiv Wert an den Börsen, zwischenzeitlich waren es täglich rund 1,5 Milliarden Dollar. Pro Tag, wohlgemerkt.
Viele IT-Experten halten das Projekt schon jetzt für den größten Flop der Internet-Geschichte. Das hat auch mit den Kosten zu tun, denn für Zuckerbergs Metaverse ist eine VR-Brille nötig. Die ist schon an anderer Stelle gescheitert – und bei Zuckerberg eine teure Sache: Das neueste Headset „Oculus Pro“, das als Einstiegsbrille ins Metaversum dienen soll, kostet mit 1.500 Dollar „so viel wie eine PS5, Xbox Series X und Quest 2 zusammen“, schimpft das Magazin Forbes.
Hinzu kommt: Die Nutzerzahlen des Systems sind auch ein Jahr nach dem Start noch immer gering. Kritisiert wird zudem die altmodische und rudimentäre Grafik. „Nicht viel besser als Second Life“, hörte man zuletzt auf einigen Tagungen der Hotel- und Veranstaltungsbranche. Das Milliarden-Projekt sei zum Scheitern verurteilt, weil es den Menschen keinen evidenten Nutzen liefere.
Das erinnert an den kurzen Hype um Second Life sowie das Nutzen von VR-Brillen in der Touristik: Beides verschwand nach einer kurzen Boomphase wieder in der Versenkung. Selbst umsatzstarke Reedereien wie TUI Cruises und Arosa Flusskreuzfahrten führen heute nicht mehr via VR-Brille über ihre Schiffe. Und auch Reisebüros haben die Idee, ihren Kunden einen virtuellen Mehrwert zu bieten, wieder aufgegeben. Der Grund: zu aufwändig, zu teuer.
Das gleiche gilt für das Metaverse: „Wer sich jetzt auf Teufel komm raus mit seinem Hotel dort präsentiert, wird davon sehr wahrscheinlich nicht direkt profitieren“, sagt etwa Florian Müller, CEO des Schweizer Unternehmens „Software Brauerei AG“, im Gespräch mit CIM (siehe Ausgabe CIM 4/2022).
Keinen Zweifel hat Müller dagegen, dass das Web 3.0 kommen und die digitale Welt massiv verändert wird. Das künftige Internet werde der Touristik- und Hotelbranche eine ganze Palette neuer Werkzeuge bieten – inklusive digitaler Währungen.
Daran glaubt auch Larissa Steinbäcker, Co-CEO der Proske GmbH. Sie ist vom Metaverse überzeugt – auch wenn sie anfangs gedacht habe, dass dies ein „unnötiger Hype ist, den kein Mensch braucht“.
Inzwischen bietet ihr Unternehmen mit Sitz in Rosenheim maßgeschneiderte digitale Lösungen für Marketing- und Event-Management an und realisiert über eine eigene Plattform Veranstaltungen aller Art und Größe in einem virtuellen Raum.
Ihr Kollege Christian Holtz denkt, dass das Metaverse eine gewisse Anlaufzeit benötige. Vom Erfolg ist er überzeugt: Mit der Kombination aus Blockchain, NFT, Augmented Reality und Virtual Reality biete das Metaverse „viele Vorteile – gerade für die Event- und Meeting-Branche“, so Christian Holtz in einem CIM-Artikel im Sommer dieses Jahres.
Das sieht auch ein Teil der Hotelbranche so. Das Metaverse biete die Möglichkeit, eine völlig neue Art der Site-Inspections anzubieten, heißt es von einigen Ketten.
Das Unternehmen RendezVerse mit Sitz in London und Bali hat sich genau darauf spezialisiert. Das Geschäftsmodell: Hotels können sich im Metaverse präsentieren, um potenzielle Urlauber, touristische Vertriebspartner oder Event- und Veranstaltungsplaner für sich zu begeistern. Immer mit der Voraussetzung, dass Interessenten über VR-Brillen verfügen.
Mit an Bord bei RendezVerse sind aktuell unter anderem das InterContinental Paris le Grand, das Atlantis The Palm Dubai, das Madrid Marriott Auditorium, das JW Marriot Marquis Dubai und das Hyatt Centric Gran Via Madrid. Bei ihren Präsentationen läuft der Betrachter mit VR-Brille virtuell dem zuständigen Avatar hinterher, schaut sich in Ruhe die Zimmer, das Bad und die Aussicht an und teleportiert sich anschließend in die Lobby, den Festsaal, den Meeting-Raum oder an den Strand.
Bei RendezVerse gibt man zu, dass die Technik mit der großen Brille noch ein wenig klobig und umständlich ist. Aber das werde sich ändern. Geschäftsführer Peter Gould ist überzeugt, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis eine Vermarktung über das Metaverse für Hotels und andere Locations so selbstverständlich ist wie heute die eigene Internet-Seite.
Ob Peter Gould mit dieser Aussage recht behält, ist zurzeit mehr als offen. Wenn, wie zuletzt angekündigt, die wichtigste Investition darin besteht, virtuelle Charaktere mit Beinen auf den Markt zu bringen, sei etwas schiefgelaufen, monieren Kritiker. Das Problem des Metaversums bestehe darin, eine Science-Fiction-Realität zu erzwingen, lange bevor der Rest der Gesellschaft sie tatsächlich haben will oder braucht.
Das Fazit der Kritiker: Zuckerbergs Version eines auf VR-Brillen basierten Metaversums bleibe auch mittelfristig eine Nische. Oder werde sogar bald gänzlich vom Markt verschwinden. Mit einer Ausnahme: dem stark wachsenden Gaming-Markt.