Zum 28. Oktober 2020 ruft die deutsche Veranstaltungswirtschaft unter Federführung der Initiative #AlarmstufeRot erneut zur Großdemonstration nach Berlin auf, um auf ihre immer dramatischer werdende Lage aufmerksam zu machen. Mit dabei sind die Fachverbände Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV), Europäischer Verband der Veranstaltungscentren (EVVC), FAMAB Kommunikationsverband, Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik (VPLT), Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleisterinnen und Dienstleister in der Veranstaltungswirtschaft (ISDV) und Berufsverband Discjockey (BVD).
Seit März 2020 sei dem sechstgrößten Wirtschaftszweig Deutschlands angesichts der Pandemielage die Arbeitsgrundlage entzogen, heißt es. Etliche Betriebe hätten bereits aufgeben müssen, zehntausende Arbeitsplätze seien vernichtet worden.
Die Demo richte sich allerdings nicht gegen gebotene Corona-Schutzmaßnahmen. Wenn die Branche jedoch überleben solle, seien unverzügliche wirtschaftliche Hilfen nötig, die „tatsächlich passgenau gestaltet und geeignet sind, das Überleben der Unternehmen zu gewährleisten. Die aktuellen, durchaus beachtlichen Hilfsmaßnahmen des Bundes sind dies leider nicht.“
Es ist der dritte Hilferuf der Branche. Bereits am 9. September 2020 forderten in Berlin 15.000 Erwerbstätige der Veranstaltungswirtschaft mit einem 3,8 Kilometer langen Demonstrationszug Überlebenshilfen. Die Demonstranten wurden von einem sechs Kilometer langen LKW-Corso mit über 500 Fahrzeugen aus den Fuhrparks der Unternehmen begleitet.
Den Veranstaltungsprofis sei es dabei vorbildlich gelungen, die Großdemonstration als infektionssicheres Event durchzuführen, bei dem sämtliche Hygiene- und Abstandsregeln uneingeschränkt eingehalten worden seien.
Und bereits am 22. Juni 2020 hatte die Branche mit der „Night of Light“ am 22. Juni 2020 ein „flammendes SOS-Signal“ gesetzt, bei dem über 9.000 Veranstaltungslocations und -betriebe feuerrot beleuchtet wurden, um auf die bedrohliche Notlage der Branche aufmerksam zu machen.
Die Kritik am neuen Phase-II-Überbrückungsprogramm lautet im Detail:
- Die Hilfen sind auf 50.000 Euro pro Monat und Betrieb gedeckelt. Diese Summe liegt für viele Branchenakteure weit unter den Verlusten, die sie seit März monatlich erleiden.
- Nicht alle anfallenden Kosten werden als förderfähig anerkannt. Die Förderung der Kosten für Unternehmereigenleistungen von Soloselbstständigen, Einzelunternehmern und Inhabern von Gewerbebetrieben wird in den Programmen grundsätzlich ausgeschlossen. Das zwingt vormals erfolgreiche, produktive und steuerzahlende Unternehmer massiv in die sozialen Sicherungssysteme wie SGB 2 bzw. Hartz IV.
- Zwar besteht die Branche überwiegend aus kleinen und mittelständischen Unternehmen, aber es gibt auch eine Anzahl größerer Unternehmen. Die können bisher keine Hilfe in Anspruch nehmen, da sie mehr als die förderfähige Grenze von 249 Mitarbeitern beschäftigen. Da sie wiederum auch keine förderfähige Konzernstruktur haben, fallen sie ebenso durch die Raster anderer Hilfsprogramme.
- Der EU-Beihilferahmen muss dringend gelockert werden. Mit einer aktuellen Förderhöchstgrenze von 800.000 Euro kann zahlreichen Unternehmen nicht hinreichend geholfen werden.
- KfW-Kredite werden als Subvention im Sinne des EU-Beihilferahmens gewertet. Das wirkt sich krisenverschärfend aus, da damit Unternehmen bestraft werden, die KfW-Kredite mit einer Laufzeit von mehr als sechs Jahren in Anspruch genommen haben, um sich langfristig mit dringend nötiger Liquidität zu versorgen.