CIM: Die re:publica gilt nicht mehr nur als Familientreffen der Bloggerszene. Welchen Charakter hatte sie 2010?
Johnny Haeusler: „Wer sich mit den Auswirkungen des Netzes auf die Gesellschaft beschäftigt, wird inzwischen nicht mehr als Alien betrachtet. Das freut mich! Ich glaube, dass wir einen kleinen Durchbruch geschafft haben in diesem Jahr, indem wir zeigen, dass hier gesamtgesellschaftliche Themen behandelt werden – und nicht nur Nerd-Themen.“
Es wurde Kritik geübt, das Motto „now here“, das auf Echtzeit verweist, sei nicht umgesetzt worden.
„Wie viel Echtzeit kann man denn haben? Jeder sitzt direkt vor dem Vortragenden und kann direkt mit ihm reden. Das ist schon ziemlich viel Echtzeit.“
Beispielsweise hätte man die Twitterwall als Rückkanal öfter einblenden können, sagten manche.
„Wir haben eine Webseite, auf der man kommentieren kann, wir haben Twitter als Kanal, den wir lesen und verfolgen. Und wir stellen uns hier vor Ort den Fragen. Ich habe aber eben auch nur ein Hirn. Ich glaube, Rückkanäle haben wir genug. Wir hatten das Thema der Twitterwall auf der re:publica-Webseite drei Wochen vor der Konferenz diskutiert. Dort war der Tenor, man sollte den Twitterstream zur Fragerunde aufmachen und am besten noch moderieren. Moderiert haben wir nicht, aber zur Fragerunde eingeblendet wurde er meines Wissens schon immer. Echtzeit ist aber erstmal kein Qualitätsmerkmal. Muss wirklich alles in Echtzeit sein? Ich glaube nicht.“
Was war die größte organisatorische Herausforderung 2010?
„Ganz klar die Größe. Die Koordination von über 150 Rednern ist einfach Horror. Durch ein vergrößertes Team steigt der Kommunikationsaufwand. Die ganze Zeit waren wir am Kommunizieren über Mail und sonstige Kanäle. Das ist natürlich eine ganz andere Herausforderung als vor vier Jahren, als man das tatsächlich fast zu viert gestemmt gekriegt hat. Vor Ort ist es jetzt ein Team von 80 Leuten. Drei Monate vorher beschäftigen wir ein Kernteam von zwölf Leuten.“
Wie wurde die re:publica 2010 in den Mainstream-Medien wahrgenommen?
„Letztes Jahr waren die ersten beiden Tage die Medien voll damit, dass wir kein Internet hatten, das war die Nachricht. Das war schon frustrierend, weil wir gleichzeitig maßlos interessante Vorträge hatten. Das war dieses Jahr ganz anders. Dieses Jahr gab es viel inhaltliche Berichterstattung. Das freut mich natürlich. Ganze Artikel nur darüber zu machen, dass etwas organisatorisch nicht klappt, fand ich ein bisschen albern. Mir ist selbst am wichtigsten: Halte ich das, was ich hier tue, für sinnvoll? Und darauf ist meine Antwort: Ja. Hier waren 2.500 Menschen, denen es offensichtlich genauso ging. Das ist doch etwas wert.“
Johnny Haeusler veranstaltet die re:publica und betreibt seit 2001 das Blog spreeblick.com über deutsche Politik, Musik und private Ereignisse. 2007 gründete er die re:publica zusammen mit Tanja Haeusler, Markus Beckedahl und Andreas Gebhard.
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