Uni Hohenheim analysiert Vorstandsreden

Montag, 11.06.2012
Jahreshauptversammlung. Seit Jahresbeginn haben Prof. Dr. Frank Brettschneider und sein Team von der Universität Hohenheim untersucht, wie verständlich die 30 führenden Manager Deutschlands auf Jahreshauptversammlungen sprechen. Seit der Halbzeit-Auswertung Anfang Mai hat Daimler-Chef Dieter Zetsche seinen Spitzenplatz im Ranking an René Obermann von der Telekom verloren. Schon seit Januar analysiert Prof. Dr. Frank Brettschneider, Leiter […]

Jahreshauptversammlung. Seit Jahresbeginn haben Prof. Dr. Frank Brettschneider und sein Team von der Universität Hohenheim untersucht, wie verständlich die 30 führenden Manager Deutschlands auf Jahreshauptversammlungen sprechen. Seit der Halbzeit-Auswertung Anfang Mai hat Daimler-Chef Dieter Zetsche seinen Spitzenplatz im Ranking an René Obermann von der Telekom verloren.

Schon seit Januar analysiert Prof. Dr. Frank Brettschneider, Leiter des Fachgebiets Kommunikationstheorie an der Universität Hohenheim, alle Reden, die die Vorstandsvorsitzenden der DAX-30-Unternehmen auf den Jahreshauptversammlungen gehalten haben. Dazu verwendet er eine spezielle Software, die die Reden nach formalen Gesichtspunkten durchleuchtet.

Unter anderem ermittelt das Programm den Abstraktheitsgrad der Reden, den Fremdwort-Anteil und die Satzkomplexität.  Zusammen mit weiteren Merkmalen wie dem „Fass Dich Kurz“-Index ergeben sie einen Verständlichkeitswert auf einer Skala von 0 (so verständlich wie eine Doktorarbeit) bis 10 (so verständlich wie Radio-Nachrichten).

Im Laufe der zweiten Halbzeit zogen gleich drei Kollegen an Zetsche vorbei. Nun steht der Sieger fest: Ganz oben auf dem Treppchen steht Telekom-Chef René Obermann mit 7,2 Punkten auf der Verständlichkeitsskala. Silber geht an Norbert Reithofer von den Bayerischen Motorenwerken (BMW). Mit 6,5 Punkten ist der Abstand zu Obermann jedoch deutlich. Platz drei erringt der Vorstandsvorsitzende von Infineon, Peter Bauer (5,9 Punkte).

„Die Verständlichkeit vieler Spitzen-Manager lässt sehr zu wünschen übrig“, urteilt Prof. Dr. Brettschneider. Er spricht von verpassten Chancen: „Die Jahreshauptversammlung ist für einen Vorstandsvorsitzenden eine gute Gelegenheit, seine Botschaft öffentlichkeitswirksam zu platzieren. Diese Chance wird selten genutzt.“ Stattdessen ergehen sie sich in vernebelnden Begriffen: „Venture-Capital-Tochtergesellschaft“, „Options- und/oder Wandelschuldverschreibungen”, „Multi-Channel-Strategie”. Alles klar?

Warum der Großteil von Deutschlands Wirtschaftselite nicht einmal die Hälfte der erreichbaren Verständlichkeitspunkte erzielt, begründet Prof. Dr. Brettschneider so: „Die meisten Vorstandsvorsitzenden denken vor allem an Analysten und Wirtschaftsjournalisten, wenn sie auf der Hauptversammlung sprechen. Sie vergessen, dass sie auch in die breite Öffentlichkeit wirken können und legen deshalb viel zu wenig Wert auf kurze Sätze und gebräuchliche Wörter.“

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