Wir müssen selbstbewusster werden

Sonntag, 27.10.2024
Arbeit muss entlohnt werden. Was gemeinhin als Norm gilt, wird in der Welt der Event-Agenturen vielfältig und unterschiedlich, bisweilen konträr praktiziert. Wir haben mit Planer Daniel Halama gesprochen. Er fordert: Wir müssen die Uhr laufen lassen, wenn die Arbeit an einem Kunden beginnt.
Daniel Halama

Daniel Halama verantwortet als Director Events & Hospitality und exterer Berater den Bereich Corporate Events, Meetings und Incentives bei der Kölner Agentur face to face GmbH. Insgesamt blickt er auf 25 Jahre Erfahrung in der Branche zurück. Photo: Privat

CIM: Herr Halama, wie ist denn der Status Quo? Werden Unternehmen all­mählich einsichtig, dass Pitch-Gebühren als Frage der Fairness bei der Agenturwahl notwendig sind?

Daniel Halama: Im Event-Bereich gibt es den ein oder anderen Kunden, der bereit ist, für einen Pitch auch Geld in die Hand zu nehmen. Also für die kreative Vorleistung zu zahlen, ehe es feststeht, ob eine Zusammenarbeit mit einer Agentur zustande kommt. Wenn das der Fall ist, signalisiert das immerhin erst einmal, dass der Kunde seine Anfrage ernst meint.

Wie setzt sich eine solche Gebühr zusammen, sprechen wir da von fixen Beträgen?

Korrekt – je nachdem wie umfangreich der Pitch ist, zahlen Unternehmen, ich würde sagen, an der Untergrenze 1.000 Euro bei ganz kleinen Pitches. Das geht vielleicht bis 4.500 Euro in der Spitze.

Das klingt ja eher überschaubar, sieht man es als Ausfallentschädigung, sollte sich der Kunde gegen die Beauftragung entscheiden.

So ist es. Man muss ganz klar sagen, dass diese Beträge die Pitchkosten bei Weitem nicht decken. Bei aufwendigen Pitches kann man schon davon ausgehen, dass insgesamt 20 bis 30 Arbeitstage auf einen Pitch investiert werden, teilweise auch noch mit externer Kreation. Da kann man nicht davon sprechen, dass eine solche Pitch-Gebühr die Refinanzierung der Agenturleistung darstellt.

Und dann gibt es ja auch noch zahllose Pitches, bei denen keine Vergütung vorgesehen ist. Wie gehen Sie damit konkret um?

Ich rufe ganz oft erst mal bei dem Kunden an, um etwas vorzufühlen. Was haben die denn eigentlich vor? Lohnt es sich, an dem Pitch überhaupt teilzunehmen? Ich frage dann auch, wie viele Mitbewerber dabei sind. Wenn da zehn oder mehr Agenturen schon im Rennen sind, verrät mir das, dass der Kunde unter Umständen gar keine Ahnung hat, was er überhaupt will. Nicht selten werden die angefragten Events dann letztlich auch gar nicht umgesetzt.

Was treibt solche Kunden dann überhaupt an?

Ganz oft ist das Thema schlichtweg: Preisvergleich. Eigentlich haben sie schon eine Agentur eingeloggt, wollen aber den Markt mal abklopfen, ob sich der Preis nicht doch noch senken lässt und möglicherweise auch neue Ansätze oder Ideen aufschnappen.

Wenn Sie merken, dass da wenig Seriosität hinter einer Anfrage ist, sagen Sie direkt ab?

Wenn sich ein Kunde im Vorfeld richtig Gedanken gemacht hat und das Event quasi schon vor dem geistigen Auge hat, wir als Agentur also so eine Art Geburtshelfer für eine tolle Idee sind, macht das richtig Spaß. Manchmal bekommt man aber auch einfach so eine uninspirierte Din-A4-Seite hingeworfen. Das ist zum Beispiel ein Punkt für mich, wo wir total oft von vornherein ablehnen, weil wir sehen, da ist keine Ernsthaftigkeit dahinter. Wenn sich die andere Seite nicht mal damit beschäftigt hat, was sie genau haben will und einfach mal ein paar Agenturen zur Beschäftigung ankurbelt, dann ist es für keine der Seiten zielführend.

Aber ich kann doch als Kunde sagen: Ich suche eine Agentur, die mir dabei hilft, herauszufinden, was ich will.

Natürlich, gar keine Frage. Das ist eine einfache Form der Dienstleistung, dafür schreibe ich dann ein Angebot. Viele Kunden erwarten aber mit dem Angebot schon das Konzept fürs Event.

Was unterscheidet dabei Angebot und Konzept voneinander?

Im Angebot kalkuliere ich für den Kunden die Kosten, die beim Erstellen des Konzepts entstehen. Klar, im Angebot werde ich schon auch etwas konkreter, gerade, wenn dem Kunden schon eine Stadt oder Destination zur Austragung vorschwebt, in der ich mich vielleicht noch ein bisschen auskenne. Dann schlage ich gleich ein-zwei Hotels oder Restaurants mit vor, dafür brauche ich einen halben, höchsten dreiviertel Arbeitstag. Aber für das Konzept trete ich ja mit den Partnern und DMCs in Kontakt, frage Kapazitäten ab, skizziere die Locations, entwerfe den kompletten Ablauf und recherchiere um Längen konkreter. Diese Detailtiefe wird in einem normalen Angebot üblicherweise nicht berücksichtigt.

Und das Ziel, auch in Bezug auf Pitch-­Gebühren, wäre: Das Angebot als normale Dienstleistung erstellen wir einfach so, für das Konzept nehmen wir Geld?

Ich habe schon vor zehn Jahren gesagt, dass wir in der Branche zu viel unbezahlt arbeiten. Und die Rechnung sieht ja so aus: Ich arbeite zehn Konzepte aus und bekomme drei Zuschläge. Dann finanzieren die drei, die erfolgreich waren, die sieben mit, aus denen nichts geworden ist. Wir sollten die Stechuhr also schon viel früher anschalten, damit sich der Aufwand lohnt und Kosten fair verteilt werden.

Wie oft kommt es vor, dass sich Kunden nachvollziehbar ein etwas konkreteres Angebot einholen und dann zu einer anderen Agentur gehen, die auf dieser Grundlage ein Konzept „für lau“ machen, lässt sich das sagen?

Selten, aber ja, manchmal drängt sich zumindest so eine Vermutung auf. Gegen Ideen­klau ist man ja grundsätzlich machtlos, da hat man keine Chance. Und man muss ja immer auch überlegen: Vielleicht kommt der Kunde nächstes Jahr wieder.

Was muss sich aus Ihrer sich beim Thema Pitchen am Modus Operandi in der Branche am dringendsten ändern?

Was ich mir zum einen wünschen würde, wäre, dass innerhalb, vor allem der großen Konzerne, der Schulterschluss zwischen Event-Abteilung und Einkauf besser klap­- pen würde. Die beiden arbeiten oft im Zwiespalt, mit völlig verschiedener Sicht auf ein Event. Das liegt auch etwas in der Natur der Sache. Aber vielen Unternehmen ist überhaupt nicht bewusst, welche Arbeit und wie viel Know-how ein Konzept für ein Event erfordert. Es kommt mir manchmal so vor, die würden alle denken, wir haben solche Konzepte fertig in der Schublade liegen. Aber gerade seit Corona haben sich die Infrastrukturen in den Destinationen noch einmal massiv verändert. Hier ist ein DMC verschwunden, da ein Hotel, hier ein Venue, da ein Dienstleister. Selbst mit vielen Jahren Erfahrung muss man teil­weise bei der Recherche für ein Konzept quasi bei Null anfangen und das ist intensiv im Aufwand.

Und zum anderen?

Es sollte normal werden, dass Arbeitsleistung vergütet wird. Wir hatten erst kürzlich eine Anfrage von einem Kunden, der eine Reihe von Events in Deutschland im Rahmen der Fußball-EM umsetzen wollte. Es war gleich klar, das wird kompliziert, die Rahmenbedingungen sind hochkomplex. Da haben wir ganz einfach ein Konzept gegen Tagessätze angeboten, worauf sich der Kunde auch bereitwillig eingelassen hat. Ich glaube, wir müssen als Agenturen alle ein bisschen selbstbewusster werden. Wir können, zumal in Zeiten von erheblicher Personalkrise, nicht mehr kostenlos in Vorleistung treten.

Würden Sie sich wünschen, dass dies­bezüglich in der Agentur-Welt mehr an einem Strang gezogen würde?

Klar, das wäre toll für alle. Ich weiß aber auch, dass sich da verschiedene Realitäten entgegenstehen. Es gibt schlichtweg Agenturen, die dringend Jobs brauchen, die alles tun, um bei einem Kunden zu landen. Oder Freelancer, die einfach „heiß“ auf einen bestimmten Kunden sind und sich dann, auf die Gefahr hin, diese Chance zu verpassen, eine gewisse Berufsethik nicht leisten wollen. Das war schon immer so.

Zermürbt das den Markt und Wettbewerb?

Ja, definitiv. Das sorgt dafür, dass die, deren Appell es ist, weniger umsonst zu arbeiten, nicht richtig durchdringen. Wer diesen Appell für richtig hält, der sollte sich mit den anderen solidarisieren, sodass wir diesbezüglich breiter auftreten können.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Halama! Felix Hormel