CIM: Herr Fuchs, Ihre Keynote trägt den Titel „Lust auf Zukunft?!“. Was hat Sie dazu inspiriert, dieses Thema für die MICE-Branche in den Fokus zu rücken?
Carsten Fuchs: Zwei Gründe haben maßgeblich dazu beigetragen: Zum einen ist die MICE-Branche seit den Pandemiezeiten auf dem Weg, sich neu zu erfinden. Diese Herausforderung ist gleichzeitig eine große Chance, denn so steigen Engagement und Bereitschaft für eine aktive Zukunftsgestaltung.
Zum anderen ist das Denken in positiven Zukunftsbildern in der DNA der Branche enthalten. Keine Veranstaltung, kein Meeting, keine Konferenz ohne eine emotional-begeisternde Vorstellung von dem was, möglich ist und möglich sein kann. So kann die Branche Vorbild und Vorreiter für eine Art der Zukunftsgestaltung sein, die Lust auf Zukunft macht – in anderen Branchen, in der ganzen Wirtschaft und auch in unserer Gesellschaft.
Die MICE-Branche steht vor großen Herausforderungen, Stichwort Nachhaltigkeit, Digitalisierung oder veränderte KundInnenerwartungen. Wie kann sie konkret der Welt zeigen, „wie Zukunft geht“?
Sie muss in Möglichkeiten und Glauben und ins Gelingen verliebt sein. Mutig entscheiden, vorangehen und Fehler in Kauf nehmen – sie gehören zu jeder Entwicklung. Pilotprojekte initiieren und damit zeigen, dass es auch anders geht. Dazu viele EntscheiderInnen einladen und in diesen die Lust auf Zukunftsgestaltung wecken. Zukunftsweisende Veranstaltungen realisieren, es dabei auch mal anders machen als „so haben wir das schon immer gemacht“ und dafür Sorge tragen, dass über das Positive und Mögliche berichtet und gesprochen wird. In Kurzform: Machen, vorangehen, lernen, verbessern, weitermachen.
Ihr Ansatz verbindet Inspiration mit praktischen Methoden. Können Sie uns einen Einblick in die Techniken geben, mit denen sich klare und motivierende Zukunftsvisionen entwickeln lassen?
Zu meinen TOP 3 gehören folgende. Zum einen: Schau zuerst nach innen – und dann erst nach außen. Frage zuerst: Was wollen wir wirklich? Wofür lohnt sich das Ganze? Was möchten wir für die Menschen und die Welt tun? Was können wir richtig gut und wie sieht es aus, wenn es so ist, wie wir uns das wünschen?
Erst danach wird auf die externen Faktoren und Rahmenbedingungen geschaut. Zum anderen: Es wird nicht diskutiert. Im Rahmen unserer Zukunftsbild-Prozesse gilt die Regel: Es wird nicht diskutiert. Im Sinne von Rechthaben und Meinungen durchsetzen. Stattdessen setzen wir auf reden und zuhören. Und zuhören, um zu verstehen – nicht um gleich zu entgegnen, dass man das im Grunde ganz anders sieht.
Und drittens: An den Weg zu denken, ist verboten. Während das Zukunftsbild entsteht, ist es verboten, an den Weg zu denken. Warum? Da wir sonst sofort an alle Hindernisse, Hürden, negative Erfahrungen denken. Damit wird die Perspektive minütlich kleiner und die Energie sinkt.
Sie sagen, dass ein begeisterndes, emotionales Zukunftsbild alles verändern kann. Gibt es ein konkretes Beispiel aus Ihrer Arbeit, wo eine klare Zukunftsvision den entscheidenden Unterschied gemacht hat?
Es gibt eine Reihe von Erfahrungen aus meinem eigenen Leben und meinem Unternehmen. Ein konkretes Beispiel: Nachdem ein Unternehmen ein Zukunftsbild für sich für die kommenden Jahre entwickelt hat, wurde dies im gesamten Team vorgestellt. Nach der Vorstellung stand ein Mitarbeiter auf, öffnete seine Tasche, nahm den Arbeitsvertrag heraus, den er gerade bei einem Mitbewerber unterschrieben hatte – und zerriss diesen mit den Worten: „Jetzt, da ich weiß, wie die Reise hingehen soll, möchte ich Teil dieser Geschichte sein! Ich werde nicht woanders hingehen.“