Besser vorbereitet durch Antizipieren

Dienstag, 17.03.2020

Prof. Dr. Ingo Rollwagen, Fachbereich Design der Hochschule Fresenius, zur Herausforderung und Chance der 2020er Jahre

CIM: Zum Start des neuen Jahrzehnts: Werden die 2020er Jahre, wie die 1920er Jahre, auch die „goldenen“ werden?

Prof. Ingo Rollwagen: Bei der Antizipation der neuen Dekade besteht die Chance, dass sie den Beginn einer digital-dynamischen, materiell und ideell bewussteren Renaissance darstellt. Der Strukturwandel in Informations- und Wissenstechnologien führt zu Innovationssprüngen. Neue technische Anwendungen, vor allem der Künstlichen Intelligenz, werden helfen, schneller neues und anderes Wissen anzuwenden.

Wie werden sich Daten, der zentrale Wirtschaftsfaktor unserer Zeit, auf das Leben und die Gesellschaft auswirken?

Daten und die Fähigkeit, sie auf der Basis algorithmischer Innovationen und Formen der Künstlichen Intelligenz zur Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen zu nutzen, sind einer der wichtigsten Rohstoffe der neuen Dekade. Sie eröffnen neue Informationshorizonte. Schnellere Auswertung führt zu Produkten und Dienstleistungen, die die Auswirkung auf Klima und andere Kontexte im Design berücksichtigen.

Ist die Angst vieler Bürger vor KI gerecht­fertigt? Soll die „data dignity“ künftig stärker berücksichtigt werden?

Angst ist kein guter Begleiter, wenn es um Gestaltung und Nutzung technischer und sozialer Fortschritte geht. Formen der algorithmischen Innovation und des Einsatzes von KI haben viele Vorteile. Ein Anfang, mit der Unsicherheit umzugehen und sich vorzubereiten, liegt in der Vorwegnahme. Die beste Form der Vorbereitung (des “Prepare“) besteht darin zu antizipieren und bei der Nutzung eines Informationstools abzuschätzen, warum man das tut und was man damit will. Teil des „Preparings“ ist es auch sich zu überlegen, worin die Unsicherheit besteht.

Beschleunigte Informationsflüsse und Arbeitsprozesse sind eine Herausforderung. Wo bleibt unsere „mental health“?

Digitale Souveränität und selbstbestimmtes Zeitmanagement sind das A und O. Dies gilt gerade für Veranstaltungen. Es kommt darauf an, Delegierten sowohl privacy by design, ein Recht auf Anonymität als auch die Möglichkeit zum Austausch zu geben. Veranstaltungen sind Marktplätze für Angebote, die individuell oder mit Unterstützung gestaltbar sind.

Was verändert Nachhaltigkeit als Impuls eines Wertewandels?

Nachhaltige Ziele und bewussterer Umgang mit materiellen und ökologischen Ressourcen verändern Dienstleistungen und Produkte. Wiederverwendbarkeit, längerfristiger Nutzwert und Obsoleszenz werden bewertet. Ein Meeting wird nach dem Lerneffekt und dem Potenzial für Kontakte bewertet werden.

Wird Globalisierung der Taktgeber der Weltwirtschaft bleiben?

Durch neue Technologien wie 5G-Telekommunikation werden rein lokal begründete Kontexte weniger, jedoch bedeutender. Intensivierte globale Zusammenarbeit wird zur Integration kreativer und inno­vativer Potenziale führen. Dies bedeutet, dass sich auch Veranstaltungen in ihrem Charakter verändern werden. Gerade beim Austausch verschiedener Menschen mit unterschied­lichen kulturellen Prägungen ist es sehr sinnvoll, sich vor Ort persönlich kennenzulernen.

Wie könnte das Miteinander der Generationen aussehen?

Neue Techniken und Gesundheits-Dienstleistungen sowie neue Unterhaltungsformen fördern einen stärkeren Austausch der Generationen. Jede Generation ist geprägt durch besondere Ereignisse oder Kontexte sowie einen spezifischen Umgang mit Medien, mit Informationsbeschaffung und dem Lernen. Hier bietet sich die Herausforderung, aber auch die große Marktchance, intergenerational gestaltete Kontexte in Meetings oder Veranstaltungen zu schaffen. Marktpotenzial hat vor allem das intergenerationale Design. Die Gestaltung und Planung von Veranstaltungen sollte unterschiedliche generationale Verortung der Teilnehmer stärker einbeziehen und dann im Wissen dieser verschiedenen Nutzergewohnheiten und -prägungen Innovationen in Form von neuen Informations-und Lernlösungen besser etablieren.

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Rollwagen!

Katharina Brauer