Historisch und digital: So gelingt der Spagat im Schlosshotel Kronberg

Montag, 02.01.2023

Es zählt zu den renommiertesten Gastbetrieben Deutschlands: Das Schlosshotel Kronberg wurde kürzlich bei den World Travel Awards zum elften Mal in Folge als „Germany’s Leading Resort“ ausgezeichnet. Für Victoria Kaiserin Friedrich gegen Ende des 19. Jahrhunderts erbaut, steuert das Fünf-Sterne-Haus für Tagungs- und Leisure-Gäste längst in die digitale Zukunft.

CIM: Frau Groth-Müller, Herr Ritz, hat sich der Umgang mit Hotel- oder Tagungsgästen durch die Pandemie verändert?

Tina Groth-Müller: Ich würde sagen, die Bedürfnisse der Gäste haben sich geändert. Beispielsweise wird ein noch höherer Wert auf Sicherheit gelegt sowie auf individualisierte Erlebnisse – gerade im Veranstaltungsbereich.

Wie gehen Sie damit um?

Dominik Ritz: Professionelle und sehr persönliche Gastfreundschaft war und ist unsere Stärke und wir stellen fest, dass die Gäste diese Philosophie gerade in der aktuellen Zeit noch mehr schätzen und dankbar annehmen. Außerdem setzen wir auf erhöhte Sicherheit, unter anderem durch das Anschaffen leistungsstarker Luftreinigungsgeräte, um Gäste und MitarbeiterInnen optimal zu schützen.

Wie begegnen Sie den geänderten Bedürfnissen von Event-Kunden?

Groth-Müller: Als historisches Haus haben wir in zeitgemäße Veranstaltungstechnik investiert, zum Beispiel in „state-of-the-art“ Beamer und Leinwände. Um die Vorbereitungen und letzten Abstimmungen bei Events und Hochzeiten kümmern sich persönliche Event Ambassadors, um die bestmögliche Durchführung für die Gäste und unser Team zu gewährleisten.

Ritz: Wir merken auch, dass wir immer mehr vegetarische oder vegane Gäste haben. Deswegen haben wir unser Speiseangebot angepasst und integrieren jetzt bei MICE-Angeboten immer hochwertige Menü-Optionen, ohne Fleisch oder tierische Produkte.

Wie flexibel sind Sie im Planungsvorlauf?

Ritz: Sehr, das müssen wir sein! Grundsätzlich muss man sagen, dass Buchungs-entscheidungen heute deutlich kurzfristiger getroffen werden als noch vor der Pandemie. Gleichzeitig wünschen sich die Gäste im Vorfeld mehr Planbarkeit im Hinblick auf die zu erwartenden Kosten für Speisen, Getränke und alle übrigen Elemente oder Faktoren, die im Zusammenhang mit dem Event stehen.

Eine spannende Aufgabe. Sie richten auch eigene Veranstaltungen aus, richtig?

Ritz: Genau. Unsere Events – wie Lesungen, Konzerte oder kulinarische Highlights – sind aktuell sehr gefragt. Das liegt daran, dass wir hierbei viel langfristiger und dadurch auch vielfältiger planen können. Mit unseren Eigenveranstaltungen zeigen wir, was wir im Event-Bereich alles können.

Ihre Zielgruppe ist ja durchaus gehoben. Wie breit ist Ihr Angebot?

Ritz: Unsere Gäste schätzen Vielfalt. Wir stellen auch fest, dass die Anforderungen an Konzepte diverser geworden sind. Auch im Luxussegment legen die Gäste Wert auf eine große Bandbreite im Angebot.  Bei uns reicht diese vom rustikalen „Cottage Biergarten“ bis hin zum Fine-Dining-Restaurant.

Welche technischen Lösungen kommen bei Ihnen im Event-Bereich zum Einsatz?

Groth-Müller: Wir haben schon vor der Pandemie innerhalb der Unternehmensgruppe eine Digitalisierung vieler Prozesse angestoßen, um Gästen die Kommunikation mit uns zu erleichtern und um Prozesse zu verschlanken. Für den Verkauf von Tickets und Gutscheinen nutzen wir beispielsweise ein Online-Tool eines Schweizer Entwicklers, das sowohl den Gästen als auch uns viel Mehrwert bringt. So konnten wir den Ticket- und Gutscheinverkauf verdoppeln.

Ist denn der Betrieb generell digitaler geworden?

Groth-Müller: Auf jeden Fall, ja. Wir haben zuletzt in unser automatisiertes Property Management System investiert und sind als erstes Fünf-Sterne-Hotel zu dem Anbieter Mews gewechselt, der hierfür eine sehr innovative, cloudbasierte Software-Lösung entwickelt hat. Grundsätzlich sind wir überzeugt, dass die klassische Full-Service-Hotellerie den Digitalisierungsprozess anstoßen und hier noch schneller aufholen muss.

Auch im MICE-Sektor spielt Digitalisierung eine große Rolle. Wie reagiert das Schlosshotel Kronberg darauf? 

Groth-Müller: Wir sind zuletzt, ebenfalls als eines der ersten Hotels, zu Thynk Cloud gewechselt und setzen damit auf ein komplett neues Buchungs-Tool für den Tagungsbereich. Das System ist auf die Technologie von Salesforce aufgebaut und bietet somit komplett neue Wege und Ansätze an.

Wie stellen Sie Ihr Team auf digitale Neuerungen ein? Wie gehen Ihre MitarbeiterInnen damit um?

Groth-Müller: Die technischen Investitionen werden mit den Teams eng abgestimmt. Denn allein mit der Implementierung eines neuen Systems ist es in der Praxis nicht getan. Die MitarbeiterInnen müssen die neuen Tools kennen- und bestenfalls lieben lernen.

Klappt das gut?

Groth-Müller: Ein wichtiger Erfolgsfaktor sind hierbei die Trainings, die wir durchführen. Wenn lange gelebte Prozesse „verschwinden“ und ersetzt werden, muss sich jede/r erst mal neu einrichten. Das kann anstrengend sein und bedarf Zeit, Geduld, Verständnis, Beharrlichkeit, Training und Zuspruch. Aber es bringt ja nichts, wenn man einen Ferrari hat, aber immer nur 20 Stundenkilometer fährt.

Ein Schlusswort, Herr Ritz: Welche positiven „Nebeneffekte“ hat die Pandemie mit sich gebracht?

Ritz: Wir befinden uns nach den Corona-Jahren in einer sehr dynamischen Zeit mit vielen Chancen, gerade für „klassische“ Betriebe. Sozusagen aus der Not heraus haben wir mit Mut und Kreativität neue Konzepte etabliert, um auf dem Markt bestehen zu können. Die Digitalisierung im Hotel wurde beschleunigt und die gesamte Prozessoptimierung hat deutlich Fahrt aufgenommen.

Felix Hormel