Kolumne: Nachhaltigkeit bei Events – Kompensieren allein reicht nicht

Mittwoch, 22.06.2022

CIM-Kolumnist David Friedrich-Schmidt geht in jeder Ausgabe mit einem/einer BranchenvertreterIn in die Arena und diskutiert ein heißes Eisen. Diesmal: Ganzheitliche Nachhaltigkeit bei Events. Warum kompensieren allein nicht reicht.

Kyra Reiter, Marketing Manager Conventions, Sustainable Meetings Berlin, Visit Berlin Convention Office

Europa muss bis 2050 klimaneutral sein. Der Green Deal, das Klimaschutzgesetz 2021 und die Verschärfungen der CSR-Berichtspflicht legen es Unternehmen auf, endlich strategisch nachhaltig zu handeln, auch bei ihren Veranstaltungen.

Es kann damit nicht bei dem reinen Bekenntnis zur Nachhaltigkeit bleiben. Damit meine ich nicht, dass die entstandenen CO2-Emissionen einer Veranstaltung einfach kompensiert werden. 
Es braucht mehr als einen Plan, welche Maßnahmen in Richtung nachhaltiger Veranstaltungen umgesetzt werden müssen, um Emissionen möglichst zu vermeiden, mindestens aber stetig zu reduzieren. Auch wenn man mit der Umsetzung nicht alle zufrieden macht. C’est la vie!

Wenn sich RednerInnen zu fein für die Bahn sind, sich Vorstände ein ordentliches Steak zum PräsidentInnen-Essen wünschen und die 100 Quadratmeter Messeteppich wieder mal in der Tonne landen, können wir uns nicht mehr einbilden, dass wir nichts zu den großen Zielen der Sustainable Development Goals beitragen können.

Spätestens, wenn die Generation von „Fridays for Future“ nicht mehr zu unseren Veranstaltungen kommt und uns wie im Sommer 2021 der Klimawandel einholt, werden wir wissen, dass es zu spät war. Die politischen Schranken, auf die wir so lange gepocht haben, werden kommen! Wer sich jetzt nicht auf den Weg macht, hat nicht mehr nur sein Image zu verlieren.

Bei Veranstaltungen entscheiden wir nicht über unseren eigenen Fußabdruck, sondern über den von 50, 100, 1.000 oder 5.000 Menschen. Die Macht, die wir damit haben, sollten wir nutzen!

David Friedrich-Schmidt, Geschäftsführer Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)

Zweite Kolumne im Arena-Format: als Tiger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Aber nur dieses eine Mal! Was soll ich auch Kyra widersprechen? Sie hat ja mit allem absolut Recht. Getreu dem Motto: „Machen ist wie wollen, nur krasser!“

Beim Thema Nachhaltigkeit möchte ich einfach keine Ausreden mehr hören oder Argumentationen à la „Ja, haben wir auf dem Schirm, ist aber mit dem Vorstand in diesem Jahr nicht zu machen!“ Doch!

Und dann müssen wir auch an lieb gewonnene Strukturen und Prozesse ran, damit sich wirklich was ändert: Du willst zum Event fliegen, lieber Referent? Kein Problem, dann gibt es aber keine Reisekostenerstattung. Die gibt’s nur bei klimafreundlicher Anreise. Und lassen wir uns bitte nicht einreden, der Vortragende würde die Strapazen der Reise nur für unsere Veranstaltung auf sich nehmen. Die meisten finden es auch fürs eigene Ego ganz nett, ein Publikum zu haben. Und wo wir gleich dabei sind, lassen wir beim Catering einfach das Fleisch ganz weg. Ist eh viel gesünder und senkt mit klimafreundlicher An- und Abreise die veranstaltungsverursachten CO2-Emissionen einer Veranstaltung im Durchschnitt um sage und schreibe 80 Prozent.

Klingt unpopulär? Mag sein, ist aber ein „wirklicher Schluck aus der Pulle“. Die Mühe lohnt sich, die Teilnehmenden von einer klimafreundlichen An- und Abreise und fleischfreiem Catering zu überzeugen. 
Die vielen kleinen anderen Maßnahmen klingen zwar irgendwie ganz nett und viele sind sicherlich auch sinnvoll! Sie haben jedoch einen Makel: Sie wirken so fürchterlich symbolisch und reichen eben nicht aus. Also, nicht quatschen, machen!