Digital und nachhaltig

Dienstag, 10.03.2020

Daten und Digitalisierung sind der Nährboden des neuen Jahrzehnts. Wie Nachhaltigkeit und ethische Regeln hier mitzudenken sind, ist Thema zukunftweisender Konferenzen.

Blick nach vorne. Der Start in die neue Dekade verlangt von uns einen geschärf­ten Blick auf die Herausforderungen einer immer komplexeren Welt. Das 50. Weltwirtschaftsforum (WEF) 2020 in Davos schloss mit dem dringenden Appell, das ökonomische Wachstum mit ökologischen Zielen zu vereinbaren. Expansion und Wachstum haben ein Regulativ, das heute von der jungen Generation weltweit vehement eingeklagt wird.

Den Spagat zwischen beiden Wertvorgaben zu meistern, ist gerade für die, von Erreichbarkeit und mobilen Verbindungen abhängige Meetingindustrie, eine Herausforderung. Auch folgt die Branche vielfach dem „Imperativ des Immer-weiter-wachsen-Müssens“, den das Zukunftsinstitut in der „Trendstudie Next Growth“ vom Januar 2020 kritisiert. Er schädige unseren Planeten irreparabel und gefährde die Grundlagen unserer Existenz. Das Konzept „Next Growth“ fordert demgegenüber die Abkehr von der nur auf Gewinnmaximierung aus­gerichteten Wirtschaft zugunsten einer Gemeinwohlökonomie. In diesem Kontext geht es auch um Achtsamkeit und neue Konsumkultur.

Digitalisierung ist heute die wichtigste Vor­aussetzung wirtschaftlichen Erfolges. Dass der Global Competitiveness Index des Weltwirtschaftsforums Deutschland nur noch auf Rang 7 listet, geht auf das Konto der Schwäche im IT-Sektor. Hier liegt die Bundesrepublik abgehängt, auf Platz 38. Für den flächendeckenden Ausbau des 5G-Netzes hat sich Bundeswirtschafts­minister Peter Altmaier auf dem Digital-Gipfel im Oktober 2019 in der Messe Dortmund stark gemacht und betont: „Daten werden der bedeutendste Rohstoff der Zukunft.“

Zahlreiche Konferenzen haben die Forderung nach einer eigenen europäischen Dateninfrastruktur zum Inhalt oder erörtern umweltpolitische Folgen der Digitalisierung. Denn das Nutzen digitaler Technologien und der dafür bereitgestellten Infrastruktur verursachen vier Prozent der globalen CO2-Emissionen. Dies hat der französische Think-Tank „The Shift Project“ 2019 ermittelt. Die Konferenz „Bits und Bäume – Wie nachhaltig ist die Digitalisierung?“, die am 15. Januar 2020 zum dritten Mal in Berlin stattfand, propagiert den nachhaltigen Umgang mit Digitalisierung und formuliert dazu elf Forderungen auf ihrer Website.

Die internationale Konferenz „Digital Life Design“ (#DLD20) vom 18. bis 20. Januar 2020 in München appellierte mit dem Motto „What are you Adding“ ebenfalls an die Verantwortung des Einzelnen. Ob Technologie, vor dem Hintergrund der Wirtschaftlichkeit von digitalen Plattformen, neutral sein könne, diskutierten 1.500 Teilnehmer. Denn Datenmissbrauch, Fake News, Radikalisierung und Wahlbeeinflussung im Netz lassen die Forderung nach ethischen Richtlinien für die digitale Welt zunehmend laut werden.

„Wir müssen die Demokratie widerstandsfähiger machen, so dass sie von keiner Technologie zerstört werden kann“, fordert die ehemalige Europabgeordnete Marietje Schaake, nun Direktorin am Institut für Cyber Politics der Stanford University. Im Januar 2020 spricht sich sogar Google-Chef Sundar Pichai in Brüssel für eine Regulierung von Anwendungen Künstlicher Intelligenz (KI) aus. Insbesondere für den Einsatz von Technologien zur Gesichtserkennung hält er gesetzliche Regeln für unerlässlich. Die Europäische Union erwägt derzeit, den Einsatz von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum vorläufig auszusetzen.

Bei Meetings und Events steht 2020 die Digitalisierung noch stärker im Mittelpunkt, prognostiziert die international aufgestellte Veranstaltungsagentur Proske. Zu den wichtigsten Trends zählt Geschäftsführer Markus Struppler Augmented und Virtual Reality. Sie eröffneten neue Erlebnisdimensionen, die über reine Präsentationen hinausgehen. Mit KI ließen sich individualisierte Angebote zuschneiden, was sich im Zuge des Strategischen Meeting Managements auszahle. Geräteunabhängige Lösungen, die es den Teilnehmern ermöglichen, alle Informationen über eine Online-Plattform abzurufen und so aktiv an Inhalten mitzuwirken, böten Veranstaltern einen umfassenden Überblick. Von Fachabteilungen organisierte kleine Meetings hätten, sofern dem zentralen Einkauf überantwortet, Effizienzpotential. Dass Nachhaltigkeit als Mega-Trend 2020 in Proskes Auflistung nicht fehlt, versteht sich von selbst.

Zur Digitalkonferenz hub.berlin, die der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) am 1. und 2. April 2020 in der Station Berlin veranstaltet, werden 10.000 Gäste erwartet. „Nie war es so einfach, wirtschaftliches Wachstum und Umweltschutz zu vereinen wie im digitalen Zeitalter“, so Achim Berg zum WEF in Davos 2020. Der Bitkom-Präsident fordert: „Wir brauchen eine globale Digitalstrategie, von der Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt gleichermaßen profitieren.“

Katharina Brauer