Mehr Platz und Profilschärfe

Montag, 07.10.2019

Zentren zeigen Flagge mit Kompetenzfeldern, die neue Kongresse etablieren. Notwendige Sanierungen ebnen den Weg für Nachhaltigkeit. Hybride Events sind im Kommen.

Großraumwunder. Am 16. August 2019 feierte die Messe Berlin die Eröffnung der neuen Kongress- und Eventhalle Hub27. Mit 10.000 qm säulenfreier Fläche, 550 qm großem Foyer und 20 Breakouts bietet sie Planern von Großveranstaltungen wie der Internationalen Funkausstellung, die hier erneut vom 6. bis 11. September 2019 zu Gast ist, erweiterte Optionen. Clou der 75 Mio. Euro teuren, weitgehend aus Eigenmitteln der Messe finanzierten Halle, die Verbindungsübergänge zu den Hallen 1 und 25 hat, ist die Dachterrasse für 200 Gäste mit Blick auf den Grunewald. Mit 180 Messen und Kongressen und 2,5 Mio. Gästen erzielte die Messe Berlin 2018 einen Umsatz von 1,8 Mrd. Euro und 17 Mio. Euro Gewinn. Für Messe-Chef Dr. Christian Göke sichert der Hub27 weiterhin die weltweite Wettbewerbsfähigkeit des Messestandorts Berlin.

Märkte in aller Welt im Blick hat das Toulouse Exhibition & Convention Center (MEETT). Unter der Ägide von GL Events nutzt der im Juni 2020 eröffnende Komplex für 10.000 Gäste, der mit insgesamt 40.000 qm Hallenfläche und 25.000 qm Außenfläche ausgestattet ist, die örtlichen Sektorstärken zur Einwerbung von Kongressen. Von der wissenschaftlichen Expertise zeugt die Firmierung als „European City of Science“ im Jahr 2018, als Toulouse auch Gastgeber des „EuroScience Open Forums“ mit über 5.000 renommierten Forschern war. Die alle zwei Jahre stattfindende Toulouse Space Show ist 2020 Anlass für den „Global Space“ Kongress.

Mit einem Raumfahrtkongress gibt auch das ICC Wales sein internationales Debüt: 1.500 Delegierte werden zur UK Space Conference im September 2019 erwartet. Das für 92 Mio. Euro in Newport auf dem Gelände des Celtic Manors erbaute Zentrum wartet mit 4.000 qm säulenfreier Hallenfläche auf. Für die Einwerbung großer Kongresse, insbesondere in den örtlichen Kompetenzfeldern Life Sciences und Krebsvorsorge, wurde das Wales Ambassador’s Programm lanciert.

Als Top-Adresse für große Medizinkongresse wie dem jährlich statt­findenden Europäischen Radiologenkongress ECR mit über 23.000 Teilnehmern ist das Austria Center Vienna eine feste Größe. 2018 ver­buchte das Haus mit 116.000 internationalen Gästen sowie weiteren 20.000 Teilnehmern im Rahmen des EU-Ratsvorsitzes, dies bei fortlaufendem Kongressbetrieb, ein Rekordjahr. Aus der Brutto-Wertschöpfung von 527 Mio. Euro ergibt sich Plus von 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das bis 2022 umgesetzte Bauvorhaben Donausegel wird das Zentrum nicht nur um ein neues Zugangsgebäude mit Panorama-­Übergang, sondern auch um eine 4.200 qm große Fläche bereichern.

In Österreichs alpinem Nachbarland hat die Bankenmetropole Zürich grünes Licht für die Umgestaltung des Kongresshauses gegeben. Für gut 160 Mio. Euro wird bis März 2021 das Kongresshaus in Panoramalage am Zürichsee ertüchtigt und mit 5.300 qm Nutzfläche bestückt. Das für bis zu 4.500 Personen ausgelegte Zentrum wird Teil eines Ensembles sein, zu dem auch die historische Tonhalle gehört. Die exponierte Seelage ermöglicht die Einrichtung einer hauseigenen Seewasserzentrale, die 70 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs reguliert, so zur Klimaneutralität des Kongresshauses Zürich beiträgt.

„Lunge Zürich“ heißt ein Ärztekongress, dessen 59. Ausgabe mit 1.000 Teilnehmern im Februar 2020 im Kongresszentrum Davos stattfindet. Das als Gastgeber des World Economic Forums (WEF) jedes Jahr im Fokus der Weltöffentlichkeit stehende Haus ist ISO 9001 und ISO 14001 zertifiziert und positioniert sich als eines der modernsten Kongresszentren der Alpen dezidiert auch über das Thema Nachhaltigkeit.

Während sich in der Schweiz der Name Carmen Würth mit dem 500 qm großen Festsaal des Würth Hauses Rorschach am Ufer des Bodensees verbindet, sorgt das Carmen Würth Forum am Firmensitz in Künzelsau mit Expansionsplänen für Furore. Mehr Raum­bedarf zeichnete sich für das 2017 eröffnete Haus schnell ab: Bei den „Innovationstagen“ von Würth mit über 6.000 Gästen sowie den gut besuchten Kulturveranstaltungen stieß das Carmen Würth Forum an seine Kapazitätsgrenze. Nun entsteht ein Erweiterungsbau mit 5.500 qm variabler Fläche. Der 39 Mio. Euro teure Bau nach Plänen von Sir David Chipperfield wird im April 2020 seine Tore öffnen.

Dass Erweiterungen den Standort beleben, weiß man auch in der Filderhalle, die im Juni 2019 als Gastgeberin der degefest-Fach­tagung professionelle Branchenakteure überzeugt hat. An ihrem Standort Leinfelden-Echterdingen erhält die Halle nun einen 400 qm großen Anbau mit großer Glas­fassade. Das Foyer ist mit dem Bestandsbau verbunden und hat eine Terrasse mit Blick auf den Stadtpark.

Als Trendsetter für hybride Kongresse punktet die Filderhalle mit 10 GB Glasfaser-Internetanbindung, Livestream-Technik und festinstalliertem WLAN-System, in das sich bis zu 2.000 Endgeräte einloggen können. Die papierfreien Veranstaltungen zu ermög­lichen, sei ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit, ist Hausherr Nils Jakoby überzeugt.

Innovatives Datenmanagement sowie mehr Nachhaltigkeit sind auch Bestandteil des Plans zur Sanierung des Kultur- und Kongresszentrums Liederhalle in Stuttgart. Nach der 24 Mio. Euro teuren Ertüchtigung des Kongressbereichs wird im September 2020 wiedereröffnet.

Dass die Optimierung der Beleuchtung einen positiven Effekt auf die CO2-Bilanz hat, zeigt das Kongresshaus Oberhausen. Dank LED-Neuinstallation liege die Arbeitslicht-Einsparung hier bei 80 Prozent, berichtet Kongresshaus-Leiter Andreas Drasba. Zu den Stammkunden des für 1.320 Teilnehmer ausgelegten Hauses zählt die „Histologica“. Die Leitmesse plus Kongress mit der Zielgruppe MTAs ist im September 2020 bereits zum fünften Mal zu Gast.

Für das Gesundheitssegment ist der nahe RuhrCongress Bochum ein begehrter Standort, der „Chronic Care“ neu als Kongress für chronische Krankheiten etabliert hat. 150 Einrichtungen der Gesundheitswirtschaft als Träger der MedEcon Ruhr sind die Veranstalter des 2020 erneut startenden Events. Neben dem RuhrCongress gehört auch die Jahrhunderthalle, ebenfalls aus­gelegt für 5.000 Gäste, zum Portfolio der Bochumer Veranstaltungs-GmbH. „Unsere Stärke sind gute Teams. Wir verstehen uns nicht nur als Vermieter, sondern setzen Veranstaltungen komplett um“, sagt Regina Scheffels, Bereichsleiterin Marketing.

 

Katharina Brauer