Trends in der Hotelerie

Freitag, 04.10.2019

Hotelunternehmen expandieren und legen neue Produkte auf. Das Tagungssegment braucht ein Revenue-Management. Engagement für Nach­haltigkeit ist das Gebot der Stunde.

Blick nach vorn. Der Hotellerie geht es gut. Globalisierung und ungebremste Mobilität sowie der stetig wachsende Tagungsbedarf begünstigen einen weltweiten Investitions- und Expansionsboom. Der global agierende Immobiliendienstleister Jones Lang LaSalle (JLL) erwartet 2019 ein Transaktionsvolumen von 60 Mrd. Euro für Hotelimmobilien. Allein in Deutschland wird es mit vier Mrd. Euro beziffert. Der Branchenverband Dehoga erwartet 2019 mit mehr als 480 Mio. Übernachtungen erneut ein Rekordjahr. Die Zahl der hierzulande geplanten Neubauten liegt laut dem aktuellen „Hotel Monitor 2020“ von American Express Global Business Travel bei 379 Projekten.

Die gute Nachricht für Gäste und Tagungsplaner: Aufgrund des Baubooms und der Wettbewerbssituation werden die Raten nur minimal steigen. Für Brüssel und Paris wird ein Anstieg um je drei Prozent, für Frankfurt um ein Prozent vorhergesagt.

Ein Regulativ für die Hotelpreise ist auch die Popularität von Sharing-Angeboten wie Airbnb, die laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft heute einen Marktanteil von 8,6 Prozent an den hiesigen Gästeübernachtungen haben. Populär sind die 160.000 in Deutschland offerierten Airbnb-Unterkünfte vor allem durch ihren Fokus auf das Lokale, der auch für den Geschäftsbereich „Airbnb for Work“ greift.

Den Trend zum Lokalen und zur Personalisierung greifen die Hotels auf, indem sie statt reiner Beherbergung Erlebnisse anbieten. Neben den inhabergeführten und Boutique-Hotels hat sich hier auch der Zusammenschluss „World Hotels“ einen guten Namen gemacht. Mit personalisierter Ansprache positioniert sich das unter der Dachmarke firmierende Atlantic Congress Hotel Essen, das, direkt neben der Grugahalle und dem CC Essen, einen 1.200 qm großen Konferenzbereich bietet.

Seit der Übernahme durch die mit 4.000 Häusern in über 90 Ländern präsenten Best Western Gruppe, profitieren die 300 World Hotels von der Best Western Buchungsplattform und auch dem Treue­programm. Die Individualität der einzelnen Hotels bleibt gewährleistet. Nach diesem Prinzip erfolgte bereits der Verkauf der 84 Betriebe der Mövenpick Gruppe an Europas größten Hotelkonzern Accor.

Dass Loyalitäts-Vorteile für Delegierte hochattraktiv sind, zeigt die von der Professional Convention Management Association (PCMA) gemeinsam mit Hilton und NYC & Company im April 2019 veröffentlichte Untersuchung „Room Block on the Future“. Ihr zufolge buchen 25 Prozent der Teilnehmer großer Kongresse ihre Unterkunft zwar in den im Room Block gelisteten Hotels, jedoch unabhängig vom empfohlenen Buchungsprozess.

Das Buchungsverhalten habe demnach mit dem Wunsch nach einer persönlichen Kontrolle zu tun und sei gesteuert von Loya­litäts-Programmen, Zimmerwunsch, Alter und Kosten. Ein Missverständnis sei die Annahme, dass die Zimmer außerhalb des Room Blocks günstiger seien. Im Gegenteil: 66 Prozent der Zimmer im Room Block sind der Studie zufolge günstiger.

Mit den Bonus-Angeboten im Tagungs­segment werben Hotels aktuell um Planer. Anlässlich des 50. Geburtstags offerieren die Maritim Hotels bei der Buchung einer Ganztags-Tagungspauschale als Extraleistung einen Kuchen und senken die Kosten der Tagung mit einem Jubiläumsrabatt von 3,50 Euro pro Gast.

Mit „Inspiring Events“ lanciert die 122 Jahre erfolgreiche Kempinski Gruppe ein erweitertes Angebot für Tagungsplaner, das bis 2020 gilt. Es beinhaltet erhöhte Provi­sionen und zwei kostenlose Zimmer, wenn eine weitere Veranstaltung innerhalb von 90 Tagen bestätigt wird. Ab einem bestimmten Mindestbetrag der Buchung locken dann Upgrades sowie ein Event-Butler vor Ort, ein lokales Kulinarik-Erlebnis und ein kosten­loses Zimmer pro 30 zahlende Gäste.

Die Dorint Hotels beschenken im Jahr ihres 60. Geburtstags ihre Gäste mit besonderen Loyalitätsangeboten. Während die Mitglieder der Dorint Card schneller Punkte sammeln, werden für die Meeting-Kunden punktuell Sonderaktionen aufgelegt. Als innovativen Mehrwert gibt es für Tagungsgäste eine neue individualisierte Konferenz-App. Die mit der Münchner Firma Meetingbox entwickelte mobile Event-App ist in den Paketen „ohne versteckte Kosten“ bei Dorint buchbar.

Revenue Management, im Logis-Bereich längst Standard und durch „Best-Preis“ Offerten auf Buchungsportalen befeuert, etabliert sich erst langsam im Tagungs­segment der Hotellerie. Auch hier ist Dorint Vorreiter und hat Kathrin Scharrmann als Cluster Revenue Manager MICE eingestellt. Der Bedarf für diese Stelle ist in der Tagungshotellerie da. Dieser Meinung ist etwa Birgit Haake von Haake Revenue Management 4U.

Tagungskapazitäten fester Größenordnung und die Volatilität der Nachfrage, gemessen für die einzelnen Wochentage, so zu analysieren, dass ein notwendiger Mindestumsatz definiert werden kann, sei die Basis für ein MICE Revenue Management, weiß die Expertin. Sie bemängelt fehlende Differenzierung von Kennzahlen, was auch abgelehnte Buchungen, die prozentuale Raumnutzung, Teilnehmerdichte und den Ertrag pro buchbarem Quadratmeter einschließt. Erst die Analyse der gesamten Nachfrage pro Tag erlaube die Entwicklung einer MICE Revenue Strategie. Immerhin machen Tagungshotels 40 bis 60 Prozent ihres Umsatzes im MICE-Segment, so Haake.

Nachhaltigkeit wird kundenseitig immer stärker nachgefragt und erfordert ebenfalls eine Strategie. Mit gutem Vorbild voran geht die Radisson Hotelgruppe, die den CO2-­Fußabdruck aller Events in ihren Häusern automatisch ausgleicht, ohne dass Kunden zusätzliche Kosten entstehen. Möglich wird dies durch die Kooperation mit First Climate, die bei jedem Meeting den CO2-Fußabdruck errechnen und via Unterstützung nachhal­tiger Projekte ausgleichen.

Partner der NH Hotels ist das Carbon Disclosure Project (CDP). Mit einem strategischen Nachhaltigkeitsplan hat es NH Hotels dabei unterstützt, den CO2-Fußabdruck pro Zimmer um 67 Prozent zu senken. Die VCH Hotelkooperation setzt sich für Klimaneutralität ein, indem sie mit der Klima-Kollekte, dem CO2-Kompensationsfond christlicher Kirchen, kooperiert.

Katharina Brauer