Über die Deutsche Bahn und ihre chronischen Probleme Spott und Häme auszuschütten, ist ja von jeher ein Volkssport. Aber was in letzter Zeit an schlechten Nachrichten auf das Unternehmen einprasselt, ist heftig. Der Staatskonzern droht, in eine existenzielle Krise zu rutschen. Und das hat Folgen für die PlanerInnen von Events, Meetings, Messen und Kongressen.
Fast amüsant nimmt sich da noch aus, wenn das Bundesverkehrsministerium unter Volker Wissing verkündet, dass der vom Amtsvorgänger Andreas Scheuer vollmundig für 2030 angekündigte „Deutschland-Takt“ nun wohl erst 2070 – also in einem halben Jahrhundert – umgesetzt sein wird. Deutlich dramatischer klingt die jüngste Warnung des Bundesrechnungshofes, die DB entwickle sich „zu einem Sanierungsfall, der das gesamte System Eisenbahn gefährdet“.
Damit sind beileibe nicht nur die unterirdischen Pünktlichkeitswerte und der rasant gewachsene Schuldenberg von inzwischen 30 Milliarden Euro gemeint. Es ist vor allem der desolate Zustand des Bahn-Netzes, der Sorgen bereitet.
Dies zeigt auch ein interner Bericht der DB Netz AG, die das 33.000 Kilometer lange Schienennetz auf Herz und Nieren geprüft hat: Ausgerechnet die viel befahrenen Strecken bekommen dabei sehr schlechte Noten. Für eine nötige „schnelle und umfassende Generalsanierung“ verlangt DB-Netz-Chef Philipp Nagl einen „radikalen Kurswechsel“.
Dass ein solcher notwendig ist, liegt auf der Hand. Jahrzehntelang wurde die Bahn-Infrastruktur durch falsche Prioritäten im Konzern und der verantwortlichen Politik vernachlässigt und „auf Verschleiß gefahren“, nun steht man vor einer Mammutaufgabe – zumal die Ziele im Rahmen einer klimafreundlichen Verkehrswende ehrgeizig sind.
So hat die Berliner Ampel im Koalitionsvertrag vereinbart, bis 2030 die Fahrgastzahl im Personenverkehr zu verdoppeln – allein im Fernverkehr sollen es dann jährlich 260 Millionen sein. Damit Hand in Hand geht ein starker Ausbau intermodaler Reiseangebote in Zusammenarbeit mit Airlines. Das zeigt sich vor allem am „Express Rail“-Angebot von Lufthansa, das mit zwei Dutzend Städten inzwischen fast alle innerdeutschen Ziele der Fluglinie abdeckt. Und die Partner wollen die ICE-Zubringer weiter ausbauen.
Immerhin wurde vor einiger Zeit vom DB-Konzern ein Fahrplan verkündet, wie bis 2030 die ärgsten Problemfälle im Streckennetz beseitigt werden sollen. Dieser hat es aber in sich: Laut Bahn geht es in rund 40 Streckenabschnitten um rund 4.200 Schienenkilometer „mit besonders hoher Auslastung und besonders störanfälliger Infrastruktur“. Dem Vernehmen nach werden im Unternehmen drei bis vier Großprojekte pro Jahr mit mehrmonatigen Streckensperrungen diskutiert.
Einen Vorgeschmack dazu liefert zum Beispiel seit 2019 die Generalsanierung der wichtigen Nord-Süd-Schnelltrasse zwischen Hannover und Würzburg, die mit dem letzten Abschnitt zwischen Kassel und Fulda zum Jahresende abgeschlossen werden soll. Bis dahin blühen Bahn-KundInnen weiterhin viele Zugverspätungen und -ausfälle.
Noch gravierender dürften im Großraum Stuttgart die Auswirkungen sein, wenn im April damit begonnen wird, die Dauerbaustelle Stuttgart 21 für den Zugverkehr zu digitalisieren. Denn davon wird unter anderem auch der Flughafen betroffen sein.
Noch größer dürfte das Chaos im Südwesten ab Sommer 2024 werden, wenn die viel befahrene Riedbahn zwischen Frankfurt am Main und Mannheim, die als Nadelöhr im nationalen und internationalen Bahnverkehr gilt, für fünf Monate gesperrt werden soll.
Für Event-PlanerInnen bedeutet all dies einen ganz neuen Blick auf die Dinge: Auf der Suche nach einem Austragungsort könnte es hilfreich sein, sich zuerst einmal die Baupläne der Bahn anzuschauen – und danach zu entscheiden, welche Locations zu den Favoriten gehören.